Wirf alle Mainstream Ratgeber über Bord. Introvertierte denken und handeln anders als Extrovertierte. Die Introvertierten stellen sich bei der traditionellen Netzwerkpflege deshalb so ungeschickt an, weil sie sich an Ratschlägen für Extrovertierte orientieren. Und sie sind nicht für sie geeignet.
Es macht einen Unterschied, ob Du allein oder mit Mitstreitern, Kollegen, Familienangehörigen, Freunden den Event besuchst.
Es ist wichtig, ob es sich um ein dediziertes Netzwerktreffen handelt – mit orchestriertem Speed Dating, das Feierabend-Netzwerk-Bier am Stand einer Firma, die Kaffeepause eines Workshops mit kleiner Teilnehmerzahl oder um die Netzwerkpausen auf einem Congress mit begleitender Messe und Poster Austellung. Selbst firmenintern, zum Beispiel bei den internationalen Verkaufstagen oder Innovationstagen, muss genetzwerkt werden auf Teufel komm raus.
Die gesellschaftlichen Zwänge spielen ebenfalls eine Rolle.
Am wichtigsten jedoch ist es, dass Du Dir Dein eigenes Programm für introvertierte HSPs selbst maßschneiderst. Wie, das erfährst Du hier.
Inhaltsverzeichnis
- Inhaltsverzeichnis
- Vorbereitung # 1 – Bevorzuge Workshops statt Feierabendbier mit Häppchen
- Wie unterscheiden sich Extrovertierte von Introvertierten in ihrem Tun und Handeln?
- Vorbereitung # 2 – Hole Information ein
- Vorbereitung # 3 – „Ich weiß gar nicht, was ich erzählen soll.“
- Networking Präferenzen
- Vorbereitung # 4 – Bereite Dich auf Fragen vor
- Vorbereitung # 5 – Sei ausgeruht, entspannt, gelöst
- Vorbereitung # 6 – Vermeide Reizüberflutung
- Vorbereitung # 7 – Ruheoasen
- Vorbereitung # 8 – Sorge für Fluchtmöglichkeiten
- Vorbereitung # 9 – Gehe allein zum Essen
- Meine Buchempfehlungen
- Networking Taktik
- Vorbereitung # 10 – Du musst mit einer bestimmten wichtigen Person sprechen?
- Quellen
Vorbereitung # 1 – Bevorzuge Workshops statt Feierabendbier mit Häppchen
Menschen, die zwangloses Netzwerken hassen, bevorzugen Programme und Veranstaltungen mit einem klaren Format und einem definierten Zweck. Kurse, Workshops, Weiterbildungsveranstaltungen, Seminare, Vorlesungsreihen, sich einer Taskforce anschließen, ein Ehrenamt ausfüllen, an einer Exkusrion teilnehmen. Das macht uns glücklich. Introvertierte laufen zur Bestform auf, sobald sie sich ernsthaft für ein Thema oder ein Format interessieren. Der Horror ist zwangloses Beisammensein bei Käse und Wein. Den Wein trinke ich später allein auf dem Zimmer. Ja, dann bin ich eben asozial.
Wie unterscheiden sich Extrovertierte von Introvertierten in ihrem Tun und Handeln?
Introvertierte | Extrovertierte |
Denken, bevor sie reden | Reden, um zu denken |
Gehen in die Tiefe | Gehen in die Breite |
Laden ihre Batterien auf, wenn sie allein sind | Schöpfen Energie aus der Gesellschaft mit anderen |
reflektiv | verbal |
fokussiert | expansiv |
Vorbereitung # 2 – Hole Information ein
Je nach Situation und Sichtwinkel haben HSPs die Bürde und die Fähigkeit, sich jede Situation in der Zukunft per Kopfkino anzusehen. Leider können wir das Kopfkino nicht per Knopfdruck abstellen.
„Kopfkino ist ein unwillkürlicher Vorgang, der seinem Wesen nach nicht beeinflussbar ist.„Eliane Reichardt
Ich persönlich leide sehr darunter, weil sich aus einem einzelnen unbedeutenden Trigger die Erinnerung an eine belastende Situation einstellen kann, die ich schon längst vergessen hatte.
Und für die Zukunft funktioniert es genauso
So nicht:
Wenn die Formulierung der Einladung zu einem Kongress ultra professionell und unpersönlich bei mir ankommt wie eine Gangstarap Reklame, dann malt sich mein Gehirn am Abend den Kongress aus. Mein Kopfkino zeigt eine Schar Bullshit Bingo spielender, extrovertierter Möchtegern-Professionals, die klüngeln bei einem Bier, erzählen sich Führungskräftewitze, später Frauenwitze. Wie soll ich da einschlafen, ich habe Adrenalin!
Jetzt muss ich aber dahin.
Es ist also an der Zeit, diese Kopfkino Fähigkeit positiv für sich zu nutzen.
Sondern so:
Jetzt schaue mir immer die Fotos von vorhergehenden Events an. Daran sehe ich die Größe des Events, wie leger geht es dort zu, wie viele sympathische Menschen kann ich dort erkennen, wie ist die Sitzordnung (runde Tische, Plenum, Sitzreihen), Beleuchtung.
Falls möglich, kannst Du Freunde, Bekannte, Kollegen fragen, wie es dort war. Beachte aber, dass deren Eindrücke völlig anders sein könnten je nachdem ob sie extrovertiert sind oder ähnlich wie Du.
Achte auf das, was Dir gefällt, mache Dir Notizen, wie Du die weniger angenehmen Dinge umgehen kannst.
Vorbereitung # 3 – „Ich weiß gar nicht, was ich erzählen soll.“
Die meisten Menschen freuen sich über aufmerksame Fragen. Ich auch.
- Was machen Sie beruflich?
- Was gefällt Ihnen an Ihrem Unternehmen am meisten?
- Was gefällt Ihnen an diesem Congress am besten?
- Was fanden Sie heute überraschend oder beeindruckend?
- An welchen interessanten Projekten arbeiten Sie gerade?
- Welche Pläne haben Sie für (dieses Wochenende, die Ferien, den Sommer, Weihnachten)?
- Gehen Sie auch zum Bufett?
- Welchen Vortrag besuchen Sie heute nachmittag?
Networking Präferenzen
Introvertierte | Extrovertierte |
Zuhören | Reden |
Ruhe | Aktivität |
unter vier Augen | in der Gruppe |
Vorbereitung # 4 – Bereite Dich auf Fragen vor
Ich selbst liebe Congresse und Messen. Und ich hasse sie. Sie sind so schrecklich anstrengend, aber auch informativ und spannend, in der Regel gibt es die Creme der Neuerscheinungen. Auf Messen konnte ich viele Geschäftskontakte knüpfen.
Wer bin ich, was kann ich, in welcher Rolle bin ich hier, was ist mein Anliegen, warum denke ich, dass mein Gegenüber mir bei diesem Anliegen behilflich sein könnte oder umgekehrt, was kann ich meinem Gegenüber zeigen, dass mir Glaubwürdigkeit, Kompetenz und Machtbefugnis verleiht. Was kann ich meinem Gegenüber geben oder unterbreiten, das ihm weiter hilft? In welcher Angelegenheit könnte das sein? Kann er/sie mir helfen oder wer sonst aus dem Unternehmen. Kann mich mein Gegenüber mit ihm/ihr bekannt machen?
Bei Kongressen und Messen gibt es erfreulicherweise intensive Vorbereitungsmöglichkeiten. Zur Vorbereitung gehört auch, dass Du Dir klar machst, dass nicht jedes Gespräch angenehm verlaufen wird. Das ist so. Lasse diese links liegen, konzentriere Dich auf die angenehmen Gesprächspartner und Gesprächsinhalte.
Vorbereitung # 5 – Sei ausgeruht, entspannt, gelöst
Wann immer ein Netzwerken Event ansteht, versuche ausgeruht und entspannt hinzugehen. Du musst an diesem Tag nicht alles vorher erledigen und geschafft haben. Auch die Präsentation, die Du eventuell halten wirst, muss nicht perfekt sein.
Es ist sehr viel wichtiger, dass Du Dich perfekt und wohl fühlst, entspannt und locker bist.
Und auf die eventuellen Situationen vorbereitet bist. Denn dann hast Du alle Rahmenbedingungen, in Deinem Element zu sein, dann bist Du fähig auch mit unvorhergesehenen Situationen lockerer umzugehen, ohne dass eine Stressreaktion ausgelöst wird. Dann wirst Du mit Deiner Persönlichkeit still glänzen können, Dein (Fach-)Wissen folgt dem automatisch nach.
Vorbereitung # 6 – Vermeide Reizüberflutung
Achte auf die von außen einströmenden Sinnesreize. Denn ein Schreck oder höchst unangenehmes Umfeld löst körperliche Stressreaktionen, wie Adrenalin- und Cortisolausschüttung aus. Eliane Reichardt beschreibt den Schreck als den kleinen Bruder des Schocks. Es wird Adrenalin ausgeschüttet, was kurzfristig zu Herzklopfen, Schweißausbruch, sogar Zittern hervorruft.
Du solltest Dich dann wieder beruhigen, zum Beispiel indem Du kurz auf die Toilette gehst oder an die frische Luft und dort Atemtechnik (zum Beispiel Pranayama) anwendest.
„Dann wird das Adrenalin relativ schnell wieder abgebaut. Der Abbau erfolgt über die Nieren und hat kurzfristigen Flüssigkeitsverlust und damit Mineralverlust zur Folge. Dadurch entsteht in Kombination mit der wieder einsetzenden Entspannung des Körpers ein Erschöpfungszustand.“ Du fühlst Dich ausgelaugt.Eliane Reichardt
Aha! Darum habe ich nach Stress so Appetit auf Kartoffelchips.
Was heißt das praktisch? Die Tür und die Menschen im Blickfeld haben, damit Du ein plötzliches Lärmaufkommen, wie Trommelwirbel, quietschende Mikrofone erkennen kannst, bevor es Dich erschrecken kann.
Aha! Verminderung von Stress hilft die Figur zu erhalten. Denn unter Cortisolausschüttung wird kein Fett abgebaut.
Vorbereitung # 7 – Ruheoasen
Überlege Dir vorher wo Deine Ruheoasen sein könnten, öffentliche Bibliotheken, Ruheabteil im Zug, öffentlicher Park – und nutze diese!
Ich überlege mir oft schon vor der Reise oder während der Zugfahrt mit der KOMOOT App eine Route für einen ausgedehnten Abendspaziergang.
Vorbereitung # 8 – Sorge für Fluchtmöglichkeiten
Gehört sich nicht.
Doch!
Auf Firmenevents versuche immer, nicht mit anderen mitzufahren, der Bus geht erst um 12 Uhr nachts ins Hotel zurück? Stress pur. Also vorher überlegen, gibt es einen Taxistand in der Nähe? Inzwischen gibt es UBER und Taxi-Apps. Mit getrennten Autos fahren.
Immer den eigenen Fahrplan und die Notwendigkeit sich zu erholen im Auge haben, damit Du jederzeit weg kommst.
Vorbereitung # 9 – Gehe allein zum Essen
Was ich in langen Jahren gelernt habe, ist allein essen zu gehen. Wie bitte? Die meisten Autoren raten doch dazu niemals allein zum Essen zu gehen? Ich tue es doch, denn
- Wenn ich allein am Tisch bleibe, kann ich mich darauf konzentrieren zu regenerieren
- Wenn sich jemand zu mir setzt, kann ich trotzdem nett netzwerken – nettwörken.
- Wenn an einem Nachbartisch jemand sitzt, der/die auch allein isst, kann ich diesen Menschen fragen, ob er/sie mit mir zusammen sitzen will. Ich mache das oft in Hotelrestaurants, wo viele Dienstreisende sind oder in den Restaurants auf Messen oder Kongressen. Auch ein Kollege von mir hat auf diese Weise interessante Geschäftskontakte geknüpft.
Aus den Gründen – Kontakte knüpfen und regenerieren – suche ich mir im Vorfeld schon immer auf Google Maps schöne Restaurants mit meiner Lieblingsküche aus oder besichtige das Hotelrestaurant entweder im Web oder im Vorbeigehen, versuche die Atmosphäre einzuschätzen. Werde ich mich dort als Einzelperson wohlfühlen oder bekomme ich den Katzentisch? In 90% der Fälle treffe ich eine ausgezeichnete Wahl.
Orientiere Dich nicht an den Ratgebern für Extrovertierte. Achte auf Deine Kräfte. Wenn Du jede Mahlzeit zur Netzwerkpflege nutzen willst, wirst Du in kurzer Zeit erschöpft zusammenbrechen. Es spricht nichts dagegen, regelmäßig allein zu essen. Verarbeite in der Zeit, die Du allein verbringst, das Erlebte, lade Deine Batterien auf.
Meine Buchempfehlungen
Networking Taktik
Introvertierte | Extrovertierte |
1. Recherchieren | 1. Diskutieren |
2. Verarbeiten | 2. Werben |
3. Strukturieren | 3. Feiern |
Vorbereitung # 10 – Du musst mit einer bestimmten wichtigen Person sprechen?
Du bist Meinung, unbedingt mit Dr. Carola Meyer, CEO der Name-frei-erfunden AG sprechen zu müssen? Die Frau ist aber weit entfernt davon, Deine Wellenlänge zu haben, sie ist ein narzisstischer Despot mit dem Hang auf andere herab zu blicken. Sie ist immer von sehr vielen Personen umgeben, hat einen vollen Terminkalender und segelt mit wehenden Rockschößen davon, immer wenn Du Dein Herz in die Hand nimmst und die ersten Schritte in ihre Richtung nimmst?
Hinterfrage, ob sie die richtige Ansprechpartnerin ist. Vielleicht bietet es sich an, mit jemandem aus ihrem Umfeld zu sprechen und so auch mehr zu erfahren, was ihre Beweggründe und Befindlichkeiten sind, wann ein guter Zeitpunkt ist, wer die Termine macht.
Umfeld: Das könnte auf einem Event ja auch ein Moderator einer Plenumsdiskussion sein oder der Moderator einer Session. Oder ist es für Dein Anliegen grundsätzlich und von vornherein oder zumindest zunächst besser mit dem entsprechenden Ressort (Strategieabteilung, Entwicklungsabteilung, Marketing) zu sprechen? Dann finde das über die sozialen Medien (Xing, LinkedIn) heraus und frage dort zunächst nach. Und zack, Du bist vernetzt.
Deine Firma verlangt, dass Du selbst mit der oben beschriebenen Dr. Carola Meyer, CEO der Name-frei-erfunden AG sprichst? Das kannst Du dann immer noch machen. Lass Dich vermitteln, suche Dir einen Vermittler. Siehe oben.
Deine Position als Head of … der Bekannter-Name AG verlangt es, dass Du selbst die oben beschriebene Dr. Carola Meyer, CEO der Name-frei-erfunden AG ansprichst? Stelle Leute ein, die das für Dich tun, achte darauf, dass sie gut sind und dann gehe ihnen aus dem Weg.
Quellen
Luca Rohleder: „Die Berufung für Hochsensible“, dielus edition Leipzig, 2015 (*)
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